Saturday, September 20, 2008

Am Ziel!

Nach genau 100 Tagen und knapp 2500km habe ich endlich Santiago (und 3 Tage spaeter das Ende der Welt - Kap Fisterra) erreicht.
Mittlerweile befinde ich mich schon in Porto und morgen Frueh geht mein Zug nach Fatima und Lissabon.
Ich werde naechste Woche wenn ich wieder zuhause bin einen ausfuehrlichen Berichtn achliefern. Ich wollte nur kurz verkuenden, dass ich heil angekommen bin.
Liebe Gruesse,
Simon

Friday, September 5, 2008

Endspurt

Endlich kann ich mich mal wieder einloggen.Leider gab es sehr lange Zeit Probleme mit dem Log-in, und deswegen konnte ich mich nicht melden.
Mir geht es allerdings ganz gut und ich geniesse die letzten Tage, die jetzt ja eindeutig angebrochen sind. Seit Lourdes hat sich nicht wirklich viel getan.
Die Zeit von Lourdes bis St. Jean Pied de Port, dem eigentlichen (wobei, was ist schon der eigentliche Startpunkt des Jakobsweg??? Fuer mich die Haustuere) Startpunkt des Jakobsweg im Norden der Pyrenaeen war sehr aufregend. Von Lourdes nicht direkt ueber die Pyrenaeen zu gehen, sondern zuerst entlang bis St. Jean zu gehen, war auf jedenfall die richtige Entscheidung. Ich hatte absolut meine Einsamkeit zurueck, die ich seit langer Zeit vermisst habe. Fuer 4 Tage begegnete ich keinem anderen Pilger und konnte so wandern, wie ich wollte. Normalerweise braucht man fuer dieses Stueck von etwa 150 km ca. 7 Tage. Ich habe es allerdings in 4 gemacht, weil ich in dieser Zeit am experimentieren mit meinem Koerper war! Die Zeit war sehr aufregend. In der ersten Nacht konnte ich in der Sakristei der Kirche schlafen, wo es zwar kein Wasser und Klo gab, aber ich konnte das des Rathauses nutzen. In der naechsten Nacht wollte ich auf gleiche Weise uebernachten, allerdings bekam ich zum ersten Mal auf meinem Weg eine Abfuhr und der Pfarrer schickte mich weg. Sein Grund war ziemlich laecherlich. Er hatte das ganze Gemeindehaus voll mit Pilgern, die von einem anderen Jakobsweg direkt ueber die Pyrenaeen wollten, allerdings wollte er mich nicht ohne deren Erlaubnis in das Gemeindehaus lassen. Bloederweise war nur keiner dieser (sogar deutschen) Pilger da, und er schickte mich weg. Ich beschloss also, noch ein paar Meter (es wurden Kilometer) zu laufen, und im freien zu uebernachten. Ich baute mein kleines Zelt auf und schlief zeitig ein. Ca. 2 Stunden spaeter wurde ich allerdings von einer Schneckenarmee ueberrannt und machte meinem Taizespitznamen "Simon the Snailface" alle Ehre. Schlafsack, Rucksack, Kleidung... alles vollgeslymt (Bis heute;)) Doch die Schnecken waren nicht die einzige Ueberraschung in dieser Nacht. Kurz darauf setzte der Regen ein,und als nach Stunden des Dauerregens mein Tarp nicht mehr mit machte, beschloss ich im dunklen (es war 4 Uhr Nachts) bis zur naechsten Ortschaft zu gehen, um einen Schlafplatz in einer Bushalte oder aehnlichem zu finden. Also im Regen das Notzelt abgebaut und gleichzeitig in den Poncho geschluepft. Nur in Unterhose und Poncho bin ich 7 km bis zur naechsten Ortschaft gelaufen und fand einen wunderschoenen trockenen Platz - unter dem Kirchenportal. Ich schlief sofort wieder ein, und auch die morgendliche Hektik am Marktplatz konnte mich nicht zum aufstehen zwingen. Erst die nette franzoesische Polizei schaffte es. Um 10 Uhr fuhr ein kleines Auto vor, und 2 Polizisten sprangen heraus. Vor lauter Schreck sprang ich auf und tat so als waere ich gerade am packen meiner Sachen, da zogen sie auch schon wieder von dannen. Im Regen ging es fuer mich weiter. Ohne Toilette...mit Wildk***** war leider nichts, da es ja regnete und da wenn niemand ein oeffentliches Klo braucht kommen hunderte und an diesem Tag kam keines. Erst am fruehen Nachmittag konnte ich dann leichter weiter gehen. Leider so leicht, dass ich den Weg verlohr. Die Anwohner eines Dorfes wussten leider nicht, was der "Chemin de St Jaques" ist, konnten mich dann aber doch auf den richtigen Pfad zurueck bringen (Es stellte sich heraus, dass ich nur 100m neben den Markierungen stand und fragte). Pitschnass wollte ich gerade auf einen Feldweg einbiegen, als mir ein Bauer verstaendlich machen wollte, dass ich lieber die Strasse nutzen sollte. Ich sagte ihm allerdings, dass ich ein Jakobspilger bin und auf dem Jakobsweg bleiben will. Nach 2 km merkte ich wieso er mich auf die Strasse lotsen wollte. Der WEg war vollkommen verschlammt und ich war hoch voller Dreck und rutschte 100mal aus. Aber auch das war nicht alles. Ploetzlich stand ich vor einem riesigen Fluss - ohne Bruecke. Der Fluss ist normalerweise anscheind nur ein Bach, hatte sich aber aufgrund des Regens verghroessert. Also Schuhe aus, und hindurch waten. Das war etwas. Die vermatschten Schuhe um den Hals, und mit meinen beiden Wanderstaeben, die ich seit dem Thunersee mit mir trage hindurch. Da der Tag abenteuerlich begonnen hat, wollte ich erneut vor einer Kirche schlafen. Diesemal allerdings im dunklen ankommen, und vor Sonnenaufgang wieder auf dem Weg sein. Also wanderte ich mit nassen Schuhe bis ca. 10 Uhr. Die letzten Kilometer sollten mich durch ein Waldstueck in ein Dorf fuehren, in welchem ich naechtigen wollte. Auf einer Lichtung sollte ich einen Pfad rechts waehlen. Bloederweise liess mich genau in diesem Moment die Baterie der Taschenlampe im Stich und der rechte Pfad war nicht zu finden - die gesamte Lichtung war ringsum naemlich abgezaeunt. Also beschloss ich verzweifelt und mit noch nasseren Schuhen wieder zurueck zum letzten Dorf zu laufen. Ploetzlich lief ich allerdings gegen etwas, das hoelzern , aber kein Baum war. Ich zuendete eine Kerze an, und sah, dass es eine Leiter war, die in ein Baumhaus in 15m Hoehe fuehrte. Da meine Laune eh schon am Tiefstpunkt war, wollte ich wenigstens noch dieses Baumhaus besichtigen udn stieg hinauf. Es war nicht luxurioes, aber es hatte ein Dach und einen Boden udn machte sich gut als Schlafplatz. Also schlief ich tatsaechlich in einem abgeranzten Baumhaus. Am naechsten Morgen war der rechte Pfad immernoch verschwunden und ich lief querfeldein ueber die Felder. Am Abend kam ich in St Jean Pied de Port an und war erstmal wieder total geschockt von den Pilgermassen. Pilger wo man nur hinsieht. Alle Restaurants voll und alle gut und frisch. Ich lief an dem Tag oben ohne ein, da es wieder heiss war und fing unzaehlige Blicke ein, da ich naemlich keinen Bauarbeiter-T-Shirt-Sonnenbrand bzw. -braeune habe, sondern eine Wanderer-Rucksack-Braeune. Die anderen Pilger wunderten sich ganz schoen. Beim Pilgerempfang war die erste Frage: "Wie war die Zugfahrt?" ... ohne Worte ... Am folgendem Tag stand die beruehmte Pzrenaeenueberquerung von St Jean Pied de Port nach Roncesvalles an, die die heftigste Etappe auf dem gesamten Jakobsweg von Deutschland nach Spanien sein sollte. Mir war allerdings klar, dass mir 1500 m Hoehendifferenz nichts mehr anhaben koennen und machte mir morgens keinen Stress. Als ich allerdings um 6.30 auf die Toilette ging musste ich feststellen, dass ich der letzte Mensch von ca 20 in der Pilgerherberge war. Man kann es auch uebertreiben... Letztendlich ueberholte ich alle wieder und war als erster von meinen Herbergsgenossen in Roncesvalles. Bei der Ueberquerung wusste ich, wieso ich die letzten Tage so Pech mit dem Wetter hatte - ich sollte einen einzigartigen Blick erhalten. Es war echt unglaublich, hoeher als die Wolken zu sein, und die Sonne so nah spuehren zu koennen. Die Leute die an diesem Tag starteten waren alle ziemlich geschafft und manche kamen erst um 9 Uhr Nachts in Roncesvalles an. Ich dagegen bekam um 16 Uhr mein Bett in einer alten Kirche zugewiesen - eines von 120 Betten in einem Raum. Unglaublich was dort los war. Alle Betten waren belegt und um Punkt 10 Uhr war das Licht aus und das grosse Schnarchen begann. Um Punkt 6 ging das Licht und damit gregorianische Gesaenge an. Die Nacht war trotzdem sehr gut, da das Schnarchen nicht nur von einer Ecke kam, sondern ein konstanter Schnarchton im Raum lag. Die Pilger mussten es wieder uebertreiben und manche standen schon um 6.30 Uhr auf dem Jakobsweg und liefen im dunklen los.
Meine naechsten Tage waren alle sehr unspektakulaer. Ich durchquerte Pamplona, Puente la Reina, und kam nach Logrono. Teilweise machte ich sogar 40km am Tag. Zum einen, um den immergleichen Gesichtern , zum anderen um von den Pilgerballungszentren davon zu laufen. In Logrono kam ich in einer super Herberge neben einer Kirche unter, die nicht offiziell im Herbergsverzeichnis stand, und daher nicht ueberfuellt war. Es waren nur 10 Leute da, und endlich mal keine Deutschen, den nicht nur Taize ist ueberhaeuft von Deutschen, auch der Jakobsweg. Diese Herberge war kostenlos, also auf Spendenbasis und es gab Mittag-, Abend-, udn Morgenessen. Am Abend gab es extra fuer die Pilger dieser Herberge eine Andacht und jeder bekam ein Gebet eines Vorpilgers, das er bis Santiago beten soll. Danach durften wir Gebete schreiben, das jemand anderes fuer uns beten wird. Nette Geste! In Puente la Reina passierte mir etwas- nennen wir es komisches oder Schicksalshaftes. In der Pilgersegnung begann der Pfarrer dem ersten in der Kirche einen Fuss zu waschen. Der Fussgewaschene sollte danach seinem Nachbarn den Fuss waschen usw. - eben wie es Jesus bei seinen Juengern tat. Ich lehnte allerdings als einziger im Gotteshaus dieses Ritual aus persoenlichen Glaubensgruenden ab, udn kassierte verstaendnislose Blicke, die mich nachdenklich machten. Am naechsten Tag beschloss ich einfach eine Zufallsgeschichte der Bibel zu lesen und ich shclug ausgerechnet die Stelle auf, wo Jesus seinen Juengenr die Fuesse wusch. Ich hatte die Geschichte vorher noch nie gelesen, und wer sie nicht kennt, sollte sie jetzt lesen und wird dann verstehen, was das Schicksalshafte an meinem Verhalten ist!!!
Die Tage verstrichen und ich lief 40km am Tag. DEr Jakobsweg brachte mich nach Burgos wo ich wegen Herbergsmangel meinen Kilometerrekord von 53 km aufstellte. Nach Burgus begann die bekannte Meseta, die mir meine Wandersfreude raubte. Kilometerlang nur geradeaus ohne Stadt ohne Baum. Nur durch Stoppelfelder. Zudem fuehrt der Jakobsweg immer entlang einer Autobahn, die lustigerweise "Autovia de Santiago" genannt wurde. Fuer mich geht es im Moment in dieser kahlen und schlechten Landschaft nur darum, schnell durchzukommen, und deswegen viel Kilometer am Tag zu machen, und guenstig schlafen zu koennen. Mitllerweile lebe ich wieder sehr guenstig und habe wohl einen Schnitt von etwa 5 Euro am Tag.
Meine Schuhe sind mittlerweile am Ende und nach 15km auf Kiesweg (der Jakobsweg koennte auch Kiesweg genannt werden) muss ich in Sandalen weiter laufen.
Heute bin ich in der letzten Grossstadt vor Stantiago angekommen und es sind nur noch etwas mehr als 300 km, die ich hoffentlich in 10 Tagen schaffen werde um mir dann ein paar Tage "Urlaub" in Portugal goennen zu koennen. Zu anderen Pilgern habe ich oefter gesagt, dass der Weg kein Urlaub fuer mich ist, sondern mein Leben. Ich stehe morgens auf und laufe los, wie ich in die Schule bin, oder man auf ide Arbeit geht. Es ist einfach Alltag.
Nach Leon soll wieder eine schoenere Landschaft mit Gruen und Bergen beginnen, auf die ich mich jetzt einfach mal freue!

Ich uebernachte heute in einem Benediktinerkloster, die ca 100 maennliche und 100 weibliche Betten haben. Auch diese Herberge ist "Donativo", d.h. auf Spendenbasis.

Ich hoffe ich kann neue Energie tanken und den Endspurt mit gutem Mut und guten Fusskraeften (die mir meine Schuhe geraubt haben) angehen.
Allen daheimgebliebenen sende ich Gruesse und leider keine spanische Sonne, denn im Moment regnet es hier!

Euer Simon